Pflegereform 2025
- stefanwiesmann4
- 15. Mai
- 3 Min. Lesezeit

Foto: Robert Daim / pixelio
Änderungen ab dem 1. Juli 2025
Einführung Entlastungsbudget
Neu eingeführt wird das Entlastungsbudget: Es kombiniert die bisherigen Leistungen der Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege in einem flexiblen Jahresbudget.
Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 (oder ihre bevollmächtigten Angehörigen) können künftig frei entscheiden, wie sie das Budget nutzen – etwa für stundenweise Entlastung zu Hause, bei einem Ausfall der Pflegeperson oder für einen vorübergehenden Aufenthalt in einer stationären Einrichtung (Kurzzeitpflege), z. B. während eines Urlaubs der Angehörigen.
Wichtig für ambulante Pflegedienste:
Die Möglichkeit zur stundenweisen Verhinderungspflege wird damit noch attraktiver. Dienste, die flexible Betreuungs- oder Ersatzpflegeleistungen anbieten oder ausbauen, können künftig stärker nachgefragt werden.
Anspruch auf digitale Pflegeanwendungen (DiPA)
Ein weiterer wichtiger Aspekt tritt in Kraft: Pflegebedürftige erhalten künftig einen Anspruch auf digitale Pflegeanwendungen (DiPA).
Dazu zählen z. B. Apps, die die Pflege koordinieren oder Übungen zur Mobilisation unterstützen.
Was bedeutet das für die ambulante Pflege?
Pflegedienste sind zwar nicht verpflichtet, diese Anwendungen anzubieten, aber: Wer sich mit digitalen Tools vertraut macht oder DiPA in die Beratung integriert, kann sich als moderner, innovativer Partner positionieren.
Verbesserungen bei der Beratungspflicht
Ab dem 1. Juli 2025 wird die Beratungspflicht der Pflegekassen deutlich gestärkt.
Pflegekassen müssen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen künftig aktiver und schneller über ihre Beratungsansprüche informieren – spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung oder Feststellung des Pflegegrades.
Außerdem müssen die Pflegekassen bei bestimmten Anlässen, wie etwa einer Ablehnung von Leistungen, gezielt ein Beratungsangebot unterbreiten.
Wichtig für ambulante Pflegedienste:
Die Nachfrage nach Beratungseinsätzen (§ 37 Abs. 3 SGB XI) könnte dadurch steigen. Pflegedienste, die Beratungsangebote im Portfolio haben oder Kooperationen mit Beratungsstellen pflegen, können hier zusätzliche Unterstützung für Pflegebedürftige bieten.
Ambulante Versorgung
Das Hauptaugenmerk der zukünftigen Regierung liegt unter anderem auf der ambulanten Versorgung.
Diese soll durch kürzere Wartezeiten, Entlastung der Praxisteams und einen strukturierten, bedarfsgerechten Zugang zu Fachärzten gezielt verbessert werden.
Kern des Vorhabens ist ein verbindliches Primärarztsystem bei weiterhin freier Arztwahl über Haus- und Kinderärzte – sowohl in der hausarztzentrierten Versorgung als auch im Kollektivvertrag (Ausnahmen: Augenheilkunde und Gynäkologie). Die Primärärzte und die Kassenärztliche Vereinigung sollen künftig den medizinisch notwendigen Bedarf für Facharzttermine festlegen und verbindliche Terminkorridore (Termingarantie) vergeben. Falls dies nicht gelingt, soll der Zugang zur fachärztlichen Versorgung ambulant im Krankenhaus ermöglicht werden.
Ergänzend wird eine flächendeckende strukturierte Ersteinschätzung über digitale Kanäle und Telemedizin etabliert, um Patienten frühzeitig sinnvoll zu steuern.
Die sektorenübergreifende Versorgung soll durch Hybrid-DRGs (sektorenunabhängige Fallpauschalen) und eine engere Verzahnung von ambulantem und stationärem Bereich weiterentwickelt werde
Ein Regulierungsgesetz für investorenbetriebene MVZ (iMVZ) soll zudem Transparenz über Eigentümerstrukturen schaffen und eine systemgerechte Verwendung von Beitragsmitteln sicherstellen.
Im ärztlichen Bereich ist eine Reform des Honorarsystems geplant. Mit Jahrespauschalen und einer Flexibilisierung des Quartalsbezugs sollen unnötige Arztkontakte reduziert und gleichzeitig besserer Zugang für neue Patienten ermöglicht werden.
Darüber hinaus wird die Kompetenz der Gesundheitsberufe in der Praxis gestärkt. Mehr Ärztinnen und Ärzte sollen ihre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin in Praxen absolvieren können (bis zu zwei pro Weiterbilder). Auch die Versorgungskapazitäten in der Kinderheilkunde werden gezielt ausgebaut.
Zur besseren Steuerung soll die Länderbeteiligung in den Zulassungsausschüssen gestärkt werden – durch ein erweitertes Mitspracherecht und die Möglichkeit, die Bedarfsplanung kleinteiliger und regionaler zu gestalten.
Ein geplanter Fairnessausgleich zwischen über- und unterversorgten Gebieten soll zudem für mehr Versorgungsgerechtigkeit sorgen.
Bürokratieabbau
Zur spürbaren Entlastung von Leistungserbringern im Gesundheitswesen wird ein Bürokratieentlastungsgesetz eingeführt. Ziel ist die Reduktion von Dokumentationspflichten und Kontrolldichte, insbesondere durch die Abschaffung pandemiebedingter Berichtspflichten sowie einen umfassenden Praxis-Check aller geltenden Vorgaben, einschließlich Datenschutz und Abrechnungsregeln. Zugleich soll eine Vertrauenskultur gestärkt und die Eigenverantwortung der Gesundheitsberufe gefördert werden.
Die Nutzung von KI-gestützter Dokumentation sowie ein konsequent digitales, vereinfachtes Berichtswesen werden vorangetrieben.
Eine Bagatellgrenze von 300 Euro bei Regressprüfungen für niedergelassene Ärzte wird eingeführt – mit analogen Entlastungen für andere Leistungserbringer. Zudem werden die Verschreibung und Abrechnung von Heil- und Hilfsmitteln vereinfacht.
Im stationären Bereich wird die Prüfquote erheblich gesenkt und Prüfungen nur bei Auffälligkeiten ausgeweitet. Krankenkassen werden verpflichtet, einheitliche Vertrags- und Verwaltungsprozesse zu entwickeln.
Schließlich wird eine einheitliche Gehaltsstruktur für alle öffentlich finanzierten Körperschaften im Gesundheitswesen angestrebt, analog zu Krankenhäusern, Praxen und dem öffentlichen Gesundheitsdienst.
Bewertung
Sollten diese Dinge tatsächlich umgesetzt werden, halten wir dies für einen Gewinn für die ambulanten Pflegeträger. Investoren und Kapitalanleger im MVZ Bereich müssen sich aber vorbereiten. Eine abschließende Bewertung der angekündigten Vorhaben ist erst möglich, wenn konkrete Gesetzesentwürfe vorliegen. Dennoch lassen sich bereits jetzt bestimmte Tendenzen und inhaltliche Schwerpunktsetzungen erkennen, die eine erste Einordnung erlauben. Feststeht, dass sich die neue Regierung viel vorgenommen hat. Bereiche wie Bürokratieabbau, Digitalisierung und die Stabilisierung der Beitragssätze sind wenig überraschend.
Aber insbesondere im Bereich der ambulanten Versorgung stehen größere Vorhaben an. Hier hat sich die Regierung z. B. erstmals die Regulierung investorenbetriebener MVZ konkret zur Aufgabe gemacht, eine Stärkung der Länderbeteiligung in den Zulassungsausschüssen vorgesehen und festgelegt, das Honorarsystem im ärztlichen Bereich zu verändern.
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